Mut zum Sprechen
Es ist immer wieder ein kleines Wunder, dass viele Kinder ohne große Mühe sprechen lernen. Doch einige von ihnen haben Schwierigkeiten dabei. Der Erwerb der Sprache ist ein Zusammenspiel von mehreren Entwicklungsbereichen. Sprache entwickelt sich nicht unabhängig von anderen Entwicklungsbereichen, sondern nur mit ihnen und durch sie. Die Fragen: Wie bewegt sich mein Kind? Wie nimmt mein Kind über die Sinnesorgane wahr? Wie lernt mein Kind? Wie verhält sich mein Kind in der Gemeinschaft? sind Hinweise dafür, ob ein Kind richtig sprechen lernen kann oder nicht.
Sprachliche Defizite können sich auf das Lesen und Schreibenlernen sowie auf die gesamte Persönlichkeitsentwicklung des Kindes auswirken. Neuere Untersuchungen zeigen, dass fast jedes 8. Kind vor dem Schuleintritt unzulängliche Sprachfähigkeiten zeigt. Sie stellen ebenso fest, dass ca. 30% der Kinder Sprachentwicklungsauffälligkeiten zeigen, von denen 10% in der Gefahr stehen, dauerhafte Sprachentwicklungsstörungen oder eine Lese- Rechtschreibschwäche auszubilden.
Die Bereitschaft zur bestmöglichen Unterstützung der kindlichen Sprachentwicklung ist meist sowohl von den Eltern als auch von den Erzieherinnen gegeben. Jedoch sind Eltern und Erzieherinnen oft unsicher was Förderung im Speziellen bedeutet und wann ein Kind von der normalen Sprachentwicklung abweicht. Wann sind ggf. Fördermaßnahmen oder Therapie einzuleiten? Mit dieser Frage dürfen die Bezugspersonen der Kinder nicht allein gelassen werden. Die Sprachentwicklung einem Selbstlauf zu überlassen nach dem Motto „irgendwann lernt jeder sprechen“ kann eine gefährliche Falle werden. Hier kann Ihnen ihr Arzt, die logopädische Praxis oder die Förderstelle ganz genau Auskunft erteilen und Sie darüber beraten, welche Schritte Sie tun müssen.
So können schon Anzeichen in der frühen Entwicklung ernst genommen werden. Anzeichen können sein, wenn ihr Kind ein herabgesetztes Hörvermögen hat oder wenn Sie beobachten, dass ihr Kind unangemessene Reaktionen auf altersgemäße sprachliche Aufforderungen zeigt. Wenn ihr Kind in der Säuglingszeit wenig gelallt und gebrabbelt hat und die ersten Wörter erst mit eineinhalb oder zwei Jahren gesprochen werden. Alarmierend ist es auch wenn der Wortschatz ihres Kindes mit zweieinhalb oder drei Jahren noch unter 50 Wörtern liegt. Dazu gehört auch die mangelnde Fähigkeit im Alter von ca. drei Jahren Fragen zu formulieren. Oder wenn ihr Kind nicht in Sätzen sprechen und erzählen kann. Ganz häufig treten im Vorschulalter Lautbildungsstörungen auf, bei denen das Kind die Laute in Wörtern nicht richtig sprechen kann.
Informationen über die sprachliche Entwicklung des Kindes sind bereits in den ersten drei Lebensjahren zu erhalten. Werden Auffälligkeiten festgestellt, sollte somit bereits in diesem Alter eine gezielte Beratung der Eltern und Erzieherinnen erfolgen. Dabei können Risikokinder erfasst werden bzw. Sprachlernen frühzeitig in Gang gesetzt werden, so dass diese Kinder an ihrer Muttersprache teilnehmen können. Entscheidend ist, dass die Störung früh erkannt wird, solange das Gehirn der Kinder sich noch leicht durch neue Erfahrungen formen lässt.
Die Annahme, dass sich grundlegende sprachliche Defizite „von selbst auswachsen“ oder „irgendwann aufgeholt werden“ stellt sich in vielen Fällen als Irrglaube heraus. Speziell diese Kinder erfahren, wie Sprache isolieren oder teilhaben lassen kann. Denn Sprache ist mehr als Sprechen. Sie hilft uns beim Knüpfen von Beziehungen und beim Ausdrücken von Gedanken und Gefühlen. Sie dient uns zur Kommunikation und zum Miteinander mit Anderen. Das Kind entwickelt sich weiter, wenn es Freude am Sprechen hat und bemerkt, dass es mit seiner Sprache etwas bewirken kann.
Die logopädische Praxis bietet sprachtherapeutische Spielsituationen an, die diese wichtigen Aspekte aufgreifen. Ziel meiner sprachtherapeutischen Arbeit ist es, das Kind in seiner Entwicklung so zu begleiten, dass es seine Sprachschwierigkeiten überwindet bzw. lernt, besser mit ihnen zu leben.